Der erste Joker-Film mit Joaquin Phoenix war die erfolgreichste Realfilm-Interpretation des Bösewichts seit Heath Ledgers fulminanten wie tragischen Auftritt in „The Dark Knight“. Die kontrovers diskutierte Adaption und Ursprungsgeschichte des ikonischen Batman-Schurken konnte viele Zuschauer begeistern und Kritiker überzeugen, sodass eine Fortsetzung schnell beschlossen war. Diese wird sich allerdings auf ungewöhnliche Weise vom ersten Film unterscheiden.
In Deutschland kommt das langerwartete Sequel am 3. Oktober 2024 in die Kinos. Mit einem Streamingstart können wir aber wahrscheinlich erst im ersten Quartal 2024 rechnen. Ob der zweite Film erneut überwältigen wird, bleibt aber abzuwarten.
„Joker 2: Folie à Deux“ setzt dort an, wo der erste Film aufgehört hat. Dieser erzählte von vereinsamtem und erfolglosem Clown und Komiker Arthur Fleck (Joaquin Phoenix), der ein triste Existenz in Gotham fristet. Therapeutische Hilfe wird ihm verweigert und eine Ungerechtigkeit scheint die nächste zu jagen, bis es zur Eskalation kommt. Arthur verwandelt sich in den Joker, um in seiner kalten Umwelt zurechtzukommen, was in Mord und Verbrechen ausartet. Fleck alias Joker steht aber nicht so allein da, wie er dachte. Nach einem blutigen Late-Night-Show-Auftritt, entwickelt sich um ihn herum eine Art Kultbewegung, die die Stadt in ihren Grundfesten erschüttert.
Als wir den Joker zum letzten Mal zu Gesicht bekamen, fand er sich in der berühmtberüchtigten Nervenheilanstalt Arkham Asylum wieder, wo er seiner Therapeutin ein Ständchen des Frank-Sinatra-Liedes „That’s Life“ singt. Anschließend tanzt er durch die Gänge des Krankenhauses und hinterlässt blutige Fußspuren auf dem Boden, was darauf hindeutet, dass er seine Gesprächspartnerin verletzt oder getötet hat. Dieser erste Film orientierte sich thematisch an Klassikern des Meisterregisseurs Martin Scorsese wie „King of Comedy“ und „Taxi Driver“, konnte aber eine interessante Comic-Version abliefern, die Fans in Atem hielt.
Das Sequel über den verstörten Bösewicht schlägt nun interessante neue Wege ein, die der Vorgänger bereits andeutete. Bei „Folie à Deux“ handelt es sich um ein Thriller-Drama mit Musical-Einlagen. Es ist möglich, dass diese lediglich in Arthurs/Jokers Fantasie stattfinden. Dieses Mal muss er sich jedoch nicht allein durch das Geschehen kämpfen. Ihm zur Seite steht die Pop-Ikone Lady Gaga. Sie spiel die neue Version der Schurkin Harley Quinn, die wie der Joker im Arkham-Krankenhaus festzusitzen scheint.
Parallel dazu steht der Gerichtsprozess des Jokers im Mittelpunkt der Handlung, der zu diesem Zeitpunkt als Prozess des Jahrhunderts gehandelt wird. Auch wenn die Medien den Angeklagten nicht als Märtyrer, sondern als Monster bezeichnen, wird Arthur Fleck von seinen begeisterten Anhängern bereits an den Treppen zum Gerichtsgebäude gefeiert. Hinzu kommt, dass er in Harley Quinn eine Art Seelenverwandte erkennt, die selbst mit Einsamkeit und Isolation zu kämpfen hatte. Sie spenden sich gegenseitig Trost. Das Duo könnte sich aber zu einer noch viel größeren Gefahr für ihre Umgebung entwickeln. Der französische Zusatztitel „Folie à Deux“ bedeutet übrigens so viel wie zwei Menschen, die an einer Geisteskrankheit oder Wahnvorstellung leiden.
Wie die Musical-Aspekte bei Fans des ersten Films ankommen werden, lässt sich schwer vorhersagen. Die ersten Bilder zeigen unter anderem, wie Harley und der Joker singen, tanzen und sich irgendwann auf einer TV-Studiobühne wiederfinden, die an eine Sendung aus den 1950er Jahren erinnert. Der Film könnte letztendlich sogar mehr Musik enthalten, als die Zuschauer vielleicht erwartet haben. Berichten zufolge ist „Joker 2“ aber ein sogenanntes Jukebox-Musical, bei dem mindestens 15 bekannte Lieder gecovert werden, darunter „That’s Entertainment“ von The Jam. Insider gaben zusätzlich bekannt, dass es möglicherweise auch ein oder zwei Originalsongs geben wird. In den sozialen Medien veröffentlichte Aufnahmen von den Dreharbeiten bestätigten schon früh Gerüchte einer Musicalfortsetzung und zeigten, wie Lady Gaga eine Interpretation des Liedes „A Couple of Swells“ zum Besten gab, das einst ein Duett der Hollywood-Musical-Stars Fred Astair und Judy Garland im Musical „Easter Parade“ von 1948 performt wurde.
Die kreativen Köpfe vor und hinter der Kamera sind jedenfalls von der Idee eines Joker-Musicals überzeugt. Komponistin Hildur Guðnadóttir hält diesen Weg jedenfalls für sinnvoll und interessant. Die kreative Entscheidung sollte vor allem auch der klassisch ausgebildeten Sängerin Lady Gaga zugutekommen, die sich in den letzten Jahren schon erfolgreich an diversen Schauspielrollen in Filmen wie „A Star is Born“ und „House of Gucci“ versuchte.
Eine weitere drängende Frage ist, warum nicht wie gewohnt Margot Robbie die Rolle der gefährlichen Arkham-Insassin Harley Quinn übernimmt. Neben der musikalischen Komponente gibt es aber auch inhaltlich gute Gründe dafür. Darüber hinaus liegt es an der scheinbar etwas chaotischen Konzeption des erzählerischen DC-Universums. Robbies Harley Quinn ist Teil des DCEUs und sogar eine der beliebtesten Figuren des bisherigen Superheldenuniversums. Das neue DCEU wird vom Produzenten Peter Safran und Regisseur James Gunn geleitet – es ist dennoch fraglich, ob sie in der neuen Iteration des erzählerischen Hauptuniversums zurückkehren wird.
Robbie legte zwar in den beiden Suicide-Squad-Filmen und in ihrem Solofilm „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ starke Auftritte hin, die erfolgreiche Schauspielerin ist aber mit vielen anderen Projekten beschäftigt. Und vielleicht hat James Gunn nach seine DC-Generalüberholung völlig andere Pläne für die Quinn-Figur. Wie der Batman-Film von Matthew Reeves spielen die Joker-Filme von Todd Philips außerdem in einem anderen DC-Universum, was dem Regisseur wesentlich mehr künstlerische Freiheiten gewährt, weil er sich nicht an einer größeren Gesamterzählung orientieren muss. Robbie gab Lady Gaga schon im Oktober 2022 ihren Segen. Die Darstellerin habe sich immer erhofft, dass Harley Quinn von einer großen Schauspielerin zur nächsten weitergegeben wird, wie es bei ikonischen Shakespeare-Rollen oder eben Superhelden und Superschurken die Regel sei.
Joaquin Phonix kehrt selbstverständlich wieder in der Titelrolle zurück. Zazie Beetz, die im Vorgänger Arthur Flecks romantischer Schwarm und Nachbarin Sophie Dumond darstellte, spielt auch in der Fortsetzung wieder mit. Daneben darf Brendan Gleeson zur Besetzung in einer noch unbekannten Rolle hinzustoßen. Die bekannte Figur Harvey Dent soll ebenfalls zu sehen sein. Wer den gefürchteten Staatsanwalt von Gotham mimt, der später zu Batmans erbittertem Widersacher Two Face wird, ist zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.